Eine Ehescheidung ist rechtlich und emotional keine einfache Angelegenheit. Oft ist in diesem Zusammenhang auch von „Zugewinn“ die Rede. Dabei tauchen zahlreiche Fragen auf: Was versteht man unter einem Zugewinn? Wie wird dieser bei einer Scheidung berechnet? Wie und wann wird ein Zugewinnausgleich durchgeführt?
Im nachstehendem Beitrag haben wir Wissenswertes rund um das juristische Thema Zugewinn zusammengefasst.
Inhalt
- Was versteht man unter einem Zugewinn?
- Was ist eine Zugewinngemeinschaft?
- Wie werden entstandene Vermögensgewinne mittels Zugewinnausgleich ermittelt?
- Wie ist der Anspruch auf Zugewinn bei einer gemeinsamen Immobilie geregelt?
1. Was versteht man unter einem Zugewinn?
Der Begriff entstammt dem deutschen Familienrecht und dokumentiert im Rahmen des ehelichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft den während der Ehe erfolgten Zuwachs an Vermögen.
Derartige Zugewinne stellen die Grundlage für die Berechnung des wechselseitigen Zugewinnausgleichs dar, welcher bei einer allfälligen Scheidung durchzuführen ist. Der oder die Ehegatt*in mit dem geringeren Vermögenszuwachs ist dabei unter Umständen berechtigt, von dem oder der anderen Ehepartner*in einen finanziellen Ausgleich zu verlangen.
Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass jene*r Ehegatt*in, welche*r während der Ehe weniger Vermögenszuwachs erzielt hat, andere Leistungen erbracht hat, die einer beruflichen Tätigkeit gleichzusetzen sind. Darunter ist etwa die Erziehung der gemeinsamen Kinder zu verstehen.
2. Was ist eine Zugewinngemeinschaft?
Wenn kein Ehevertrag abgeschlossen wurde, sorgt die Zugewinngemeinschaft als rechtlicher Rahmen dafür, dass während der Ehe von Gesetz wegen ein Güterstand der Gütertrennung mit Zugewinnausgleich herrscht.
Damit bleibt jede*r Ehegatt*in oder eingetragene Lebenspartner*in alleiniger Eigentümer jener Vermögenswerte, welche von ihm oder ihr während der Ehe erworben oder in die Ehe eingebracht wurden. Daraus folgt, dass in einer Zugewinngemeinschaft kein gemeinschaftliches Vermögen entsteht.
Wird die Ehe durch Scheidung oder Tod eines oder einer Ehepartner*in beendet, sind während der Ehe angeschaffte Vermögenswerte im Rahmen des Zugewinnausgleichs auf beide Eheleute (bzw. deren Erben) aufzuteilen. Der Zugewinnausgleich ist auch dann wie vorgesehen durchzuführen, wenn den oder die ausgleichsberechtigte*n Ehegatt*in das Verschulden am Scheitern der Ehe trifft.
3. Wie werden entstandene Vermögensgewinne mittels Zugewinnausgleich ermittelt?
Beim Zugewinnausgleich wird das Vermögen beider Ehepartner*innen zu Beginn der Ehe (Anfangsvermögen) jenem Vermögen, welches zum Zeitpunkt der Scheidung vorhanden ist (Endvermögen) gegenübergestellt.
Die Differenz zwischen Anfangsvermögen und Endvermögen ist das hinzugewonnene Vermögen des oder der jeweiligen Ehepartner*in, also sein oder ihr Zugewinn. Der oder die Ehepartner*in mit dem höheren Zugewinn ist ausgleichspflichtig, sodass beide Ehepartner*innen jeweils hälftig vom Zugewinn des*der anderen partizipieren. Drohen Vermögensauseinandersetzungen aufgrund von rechtlichen Unklarheiten hinsichtlich in der Ehe angeschaffter Vermögenswerte, sollte umgehend rechtlicher Beistand hinzugezogen werden.
4. Wie ist der Anspruch auf Zugewinn bei einer gemeinsamen Immobilie geregelt?
Findet eine bestehende Zugewinngemeinschaft durch die Scheidung ihr Ende und ist eine gemeinsam erworbene Immobilie vorhanden, so steht jedem oder jeder Ehegatt*in die Hälfte der Immobilie zu. Bei Tod eines oder einer Ehepartner*in gilt dies sinngemäß für den oder die Erben.
Da einerseits der Zugewinnausgleich stets als Geldleistung zu erfolgen hat und andererseits Immobilien zu den nicht leicht zu Geld zu machenden Vermögenswerten zählen, müssen sich die Noch-Ehepartner*innen darüber Gedanken machen, was mit der Immobilie im Zuge der Scheidung geschehen soll.
Ist einer der Ehepartner*innen finanziell in der Lage, den oder die andere*n auszuzahlen, kann ihm oder ihr die Immobilie durch notariellen Vertrag übertragen werden, sofern der oder die andere Ehegatt*in seine Zustimmung gibt. Möglich ist auch ein gemeinsamer Verkauf der Liegenschaft. Der erzielte Erlös wird dann gemäß Zugewinnausgleich jeweils zur Hälfte den beiden Ehepartner*innen zugeordnet.
Ist eine gütliche Lösung nicht zu erzielen, bleibt als letzte Möglichkeit die Teilungsversteigerung. Diese ist oft sehr zeitaufwendig und der zu erzielende Erlös ungewiss.
Auch die Bewertung und Aufteilung von Unternehmensanteilen kann im Rahmen eines Zugewinnausgleichs kompliziert und zeitaufwendig sein.
Hier ist die fachkundige Beratung durch Fachanwält*innen für Familienrecht bereits zum Zeitpunkt der Trennung empfehlenswert.