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Kündigungsschutz nach Elternzeit – Tipps vom*von der Anwalt*in

Was gilt für den Kündigungsschutz nach der Elternzeit? 

Die Sorge vor einer Kündigung ist bei vielen Arbeitnehmer*innen groß. Das gilt besonders für Beschäftigte, die erst kürzlich ein Kind bekommen haben und die Existenz einer Familie sicherstellen müssen. 

Elternzeit und Kündigungsschutz
Haben Sie eine Kündigung nach der Elternzeit erhalten oder haben Sie sonstige Fragen zum Thema? Rufen Sie uns an unter 030 / 890644-0 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an info@marten-graner.de

Während der Elternzeit gilt deshalb ein besonderer Kündigungsschutz. Aber auch nach der Elternzeit sind Arbeitnehmer*innen vor willkürlichen Kündigungen ihrer Arbeitgeber*innen geschützt.  

Wir erklären im Folgenden, wie genau der Kündigungsschutz nach Elternzeit aussieht.

Inhalt

  1. Kündigungsschutz während der Elternzeit
  2. Kündigungsschutz nach der Elternzeit
    1. Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung
    2. Voraussetzungen der personenbedingten Kündigung
    3. Voraussetzungen der verhaltensbedingten Kündigung
    4. Allgemeine Voraussetzungen
    5. Sonderfall fristlose Kündigung
  3. Wunsch nach Teilzeitarbeit nach der Elternzeit
  4. Vorgehen bei einer Kündigung
  5. Fazit

1. Kündigungsschutz während der Elternzeit

Während der Elternzeit bietet § 18 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser greift ab dem Zeitpunkt, ab dem die Elternzeit beantragt wurde. Er endet mit dem Ende der Elternzeit.

Der oder die Arbeitgeber*in darf in diesem Zeitraum nur in absoluten Ausnahmefällen kündigen (z.B. bei dauerhafter Schließung des Betriebs). Außerdem ist die Kündigung nur wirksam, wenn die oberste Landesbehörde für Arbeitsschutz der Kündigung ausdrücklich zugestimmt hat.

2. Kündigungsschutz nach Elternzeit 

Mit dem Ende der Elternzeit endet auch der besondere Kündigungsschutz des BEEG. Allerdings steht Eltern nun immer noch, wie allen Arbeitnehmer*innen, der Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zur Seite. Das gilt zumindest in Betrieben, in denen mehr als zehn Arbeitnehmer*innen beschäftigt sind. Zudem muss der oder die Arbeitnehmer*in schon länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt sein. 

§ 1 des KSchG bestimmt, dass eine Kündigung unwirksam ist, wenn kein Kündigungsgrund vorliegt. In Betracht kommen betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Gründe. 

Nur wenn die Voraussetzungen des jeweiligen Grundes vorliegen (mehr dazu unten), darf der oder die Arbeitgeber*in kündigen. 

a. Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung 

Voraussetzung für die betriebsbedingte Kündigung ist, dass dringende betriebliche Erfordernisse der Weiterbeschäftigung des oder der Arbeitnehmer*in im Wege stehen. Das bedeutet, dass die Arbeitskraft des oder der Arbeitnehmer*in schlichtweg nicht mehr gebraucht wird. 

Ein Grund hierfür kann ein starker Auftragsrückgang sein. Aber auch rein interne Umstände des Betriebes können zu einer betriebsbedingten Kündigung führen, wenn im Zuge dessen nicht mehr benötigte Stellen abgebaut werden. 

Ein klassisches Beispiel ist die Umstrukturierung des Betriebs. 

Aber: Betriebliche Erfordernisse alleine genügen nicht zur Rechtfertigung einer Kündigung. Kommen für die entfallende Stelle mehrere Arbeitnehmer*innen in Betracht, muss der oder die Arbeitgeber*in eine fehlerfreie Sozialauswahl durchführen. Gekündigt werden muss anschließend der oder die Arbeitnehmer*in, der oder die sozial am wenigsten schutzwürdig ist. Faktoren bei der Sozialauswahl sind

  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit, 
  • das Lebensalter, 
  • Schwerbehinderungen 
  • und – besonders wichtig – Unterhaltspflichten. 

Letzteres begünstigt also junge Eltern, die gerade erst aus der Elternzeit kommen. Ihnen kann wegen der Sozialauswahl meist weniger leicht gekündigt werden als Mitarbeiter*innen ohne Kinder. 

Die Erfahrung zeigt, dass Arbeitgeber*innen bei der Sozialauswahl oft Fehler unterlaufen. Dies gibt Ihnen die Chance, eine höhere Abfindung auszuhandeln oder gar Ihren Arbeitsplatz zu retten. 

Die betriebsbedingte Kündigung scheitert darüber hinaus, wenn im Unternehmen vergleichbare Stellen frei sind, auf die man Sie versetzen könnte. Auch hier bieten sich Angriffspunkte. 

b. Voraussetzungen der personenbedingten Kündigung 

Bei einer personenbedingten Kündigung liegt der Kündigungsgrund bei dem oder der Arbeitnehmer*in selbst. Ihnen darf gekündigt werden, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, Ihre Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen. 

Der häufigste Fall sind krankheitsbedingte Ausfälle. Aber auch, wer z.B. als Berufskraftfahrer*in seinen oder ihren Führerschein verliert, kann seiner oder ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen und deshalb personenbedingt gekündigt werden. 

Für eine wirksame personenbedingte Kündigung müssen zahlreiche Voraussetzungen vorliegen: 

Negativprognose 

Es muss davon auszugehen sein, dass Sie auch in Zukunft Ihrer Arbeit nicht regulär nachgehen können. Ist z.B. absehbar, dass Sie nach kurzer Zeit wieder gesund sein werden, darf Ihnen nicht gekündigt werden. Die Prognose fällt dann zu Ihren Gunsten aus. 

Als grobe (!) Faustformel kann gelten: Werden Sie mehr als 15 bis 20% Ihrer jährlichen Arbeitstage fehlen, liegt eine negative Prognose vor. Eine Kündigung ist dann oft möglich. Das sind aber nur Richtwerte. 

Je nach Einzelfall kann trotz Über- oder Unterschreitens der Werte eine jeweils andere Prognose korrekt sein. Im Zweifel müssen dies die Gerichte entscheiden. 

Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen 

Die Auswirkungen des personenbedingten Grundes müssen für den oder die Arbeitgeber*in eine Belastung darstellen, die nicht zumutbar ist. Gerade bei krankheitsbedingten Ausfällen ist das für den oder die Arbeitgeber*in nicht immer leicht zu beweisen. 

Denn nach sechs Wochen andauernder Krankheit schuldet er oder sie Ihnen keinen Lohn mehr. Sie verursachen also keine Kosten mehr. 

Ein Argument kann allenfalls sein, dass der oder die Arbeitgeber*in Planungssicherheit benötigt, die ihm oder ihr aufgrund Ihrer ungewissen Rückkehr fehlt. 

Keine andere Einsatzmöglichkeit innerhalb des Betriebes 

Hat der oder die Arbeitgeber*in z.B. die Möglichkeit, den oder die führerscheinlose*n Kraftfahrer*in im Büro weiter zu beschäftigen, ist eine Kündigung unwirksam. Vorausgesetzt wäre hier natürlich, dass der oder die Mitarbeiter*in die entsprechende Qualifikation hat und im Büro noch ein Platz frei ist. 

Vor einer krankheitsbedingten Kündigung ist in diesem Zusammenhang meist ein sog. betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Dabei werden Möglichkeiten besprochen, wie Sie trotz körperlicher Beeinträchtigung weiterbeschäftigt werden können. 

Wurde kein solches Gespräch geführt, ist die Kündigung oft unzulässig. Dasselbe gilt natürlich, wenn eine besser geeignete Stelle offen ist und Ihnen nicht angeboten wird.  

Interessenabwägung 

Auch wenn alle anderen Voraussetzungen vorliegen, ist die Kündigung unwirksam, sofern eine Interessenabwägung zu Ihren Gunsten ausfällt. Gegeneinander abgewogen werden Ihr Interesse am Erhalt des Arbeitsplatzes einerseits und das Interesse des oder der Arbeitgeber*in an einem ungestörten Betriebsablauf andererseits. 

Wie eine solche Abwägung ausfällt, ist immer eine Frage des Einzelfalles. Die Sorge für ein junges Kind ist aber einer von mehreren Punkten, der bei der Abwägung für Sie sprechen kann.  

c. Voraussetzungen der verhaltensbedingten Kündigung 

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung liegt der Kündigungsgrund im pflichtwidrigen Verhalten des oder der Arbeitnehmer*in. Er oder sie darf gekündigt werden, wenn er oder sie durch sein oder ihr Fehlverhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen hat:

Pflichtverstoß

Ein Pflichtverstoß kann in vielen unterschiedlichen Verhaltensweisen liegen. Nur einige Beispiele sind ständiges Zuspätkommen, Diebstahl am Arbeitsplatz, Beleidigung der Kollegen*innen oder des oder der Chef*in, Alkohol während der Arbeitszeit und vieles mehr. 

Abmahnung 

Ein Pflichtverstoß alleine rechtfertigt aber meist noch keine Kündigung. Zunächst müssen Sie abgemahnt und auf Ihr Fehlverhalten hingewiesen werden. Nur, wenn Sie danach ähnliche Pflichtverstöße erneut begehen, ist die Kündigung gerechtfertigt. Teilweise sind auch mehr als nur eine Abmahnung notwendig.

Aber Achtung: Bei besonders schweren Verstößen ist keine Abmahnung erforderlich. Das gleiche gilt, wenn Sie klar machen, auch im Falle einer Abmahnung Ihr Verhalten nicht zu ändern. 

d. Allgemeine Voraussetzungen 

Zusätzlich gibt es weitere Voraussetzungen, die bei allen Arten der Kündigung einzuhalten sind: 

  • Die Kündigung muss nach § 623 BGB in Schriftform (also incl. händischer Unterschrift) an Sie zugestellt werden. Eine Kündigung per E-Mail oder gar mündlich ist nicht wirksam. 
  • Eine ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis nicht von einem Tag auf den anderen, sondern erst nach Verstreichen der Kündigungsfrist. Diese ist in der Kündigung auch anzugeben. Die Frist richtet sich gem. § 622 BGB nach der Betriebszugehörigkeit: So beträgt die Frist z.B. ab zwei Jahren Beschäftigung zwei Monate, ab 20 Jahren ganze sieben Monate. Tarif- und Arbeitsverträge können teilweise abweichende Fristen vorsehen.
  • Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat, muss dieser zur Kündigung fehlerfrei angehört werden. Zustimmen muss er aber nicht.  

e. Sonderfall: fristlose Kündigung 

Ganz ohne Einhaltung einer Frist darf der oder die Arbeitgeber*in nur kündigen, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt (§ 626 BGB). Daran sind hohe Anforderungen zu stellen. Es muss für den oder die Arbeitgeber*in unzumutbar sein, das Arbeitsverhältnis auch nur einen Tag länger fortzusetzen. 

Straftaten am Arbeitsplatz können ein solcher Grund sein oder auch eine beharrliche Arbeitsverweigerung. Auch in diesen Fällen ist eine Interessenabwägung durchzuführen. 

In diesem Rahmen fällt erneut ins Gewicht, dass Sie vor kurzer Zeit ein Kind bekommen haben, für das Sie aufkommen müssen. Die Schwelle einer fristlosen Kündigung liegt damit höher. Ein Ausschlusskriterium ist dies allerdings nicht. 

3. Wunsch nach Teilzeitarbeit nach der Elternzeit 

Viele Eltern möchten nach der Elternzeit zunächst in Teilzeit arbeiten. Hierauf kann sogar ein Anspruch bestehen, wenn im Betrieb mehr als 15 Beschäftigte arbeiten und Sie schon länger als sechs Monate dort beschäftigt sind (vgl. § 8 TzBfG). 

Der Antrag auf Teilzeit muss bloß drei Monate vor dem Beginn der Teilzeitarbeit gestellt werden. Vielen Arbeitgeber*innen missfällt dieser Antrag. Oft wird mit einer (betriebsbedingten) Kündigung gedroht. Sie als Arbeitnehmer*in sind jedoch in einer starken Position. 

In aller Regel kann Ihnen nicht gekündigt werden. Lassen Sie sich von einem*r Anwalt*in für Arbeitsrecht beraten. 

Wir werden Ihnen in einigen Fällen empfehlen, eine Kündigung in Kauf zu nehmen (und diese anschließend vor Gericht aus der Welt zu schaffen) oder einen Aufhebungsvertrag mit hoher Abfindung zu unterschreiben. 

Liegen die o.g. Voraussetzungen für den Teilzeitanspruch jedoch nicht vor, ist Ihre Position schwächer. 

Sie sind dann meist auf die Zustimmung Ihres oder Ihrer Arbeitgeber*in angewiesen. Alternativ können Sie selbst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Sie sollten dann allerdings bereits eine Anschlussbeschäftigung sicher haben. 

Neben dem Einkommensverlust erwarten Sie nämlich Kürzungen beim Arbeitslosengeld. 

4. Vorgehen bei einer Kündigung 

Wenn Sie gekündigt wurden, sollten Sie schnellstmöglich eine*n Anwalt*in für Arbeitsrecht aufsuchen. Wir werden uns in Ihren Fall einarbeiten und mit Ihnen die weiteren Schritte besprechen. 

Sie haben die Möglichkeit, gegen Ihre Entlassung Kündigungsschutzklage zu erheben. Das Gericht entscheidet dann darüber, ob die Kündigung rechtmäßig war oder nicht. 

Allerdings muss diese Klage innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung bei Gericht eingehen – andernfalls wird die Kündigung wirksam. Das gilt sogar, wenn sie eigentlich unrechtmäßig war! 

5. Fazit 

Während der Elternzeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz. Dieser entfällt mit dem Ende der Elternzeit. Trotzdem steht Eltern meist noch der allgemeine Kündigungsschutz zur Seite. 

Eine Kündigung darf nicht willkürlich erfolgen. Sie muss einen betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Grund haben. Außerdem müssen allgemeine formelle Voraussetzungen eingehalten werden. Andernfalls ist die Kündigung unrechtmäßig.

Eine unrechtmäßige Kündigung kann vor Gericht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen werden. Hierbei ist auf die kurze Frist von drei Wochen zu achten.

Bei einer Kündigung sollte zwingend ein*e Anwalt*in für Arbeitsrecht eingeschaltet werden, um eine individuelle Beratung zu erhalten.

Bilderquellennachweis: © mrivserg (YAYMicro) | PantherMedia

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