Eine Kündigung mag schnell ausgesprochen sein – doch aus rechtlicher Sicht zählt sie zu den heikelsten Maßnahmen im Arbeitsverhältnis. Denn anders als häufig angenommen, genügt es nicht, Fristen zu wahren und die Entscheidung im Unternehmen zu kommunizieren.

Arbeitgeber*innen bewegen sich mit jeder Kündigung auf einem rechtlich anspruchsvollen Terrain: Formfehler, unklare Begründungen oder ein Versäumnis bei der Betriebsratsanhörung können bereits ausreichen, um eine Kündigung unwirksam zu machen – mit weitreichenden finanziellen und organisatorischen Folgen.
Gerade deshalb ist es entscheidend, schon vor dem Ausspruch einer Kündigung juristisch fundiert vorzugehen. Wir, Marten & Graner, Fachanwälte für Arbeitsrecht, unterstützen Arbeitgeber*innen bei der Prüfung tragfähiger Kündigungsgründe, der korrekten Umsetzung und der strategisch klugen Kommunikation.
Übersicht:
- Warum sind Kündigungen für Arbeitgeber*innen meist heikel?
- Welche Kündigungsarten gibt es?
- Kann ein*e Arbeitgeber*in einer*m Arbeitnehmer*in einfach kündigen?
- Was sind mögliche Formfehler bei einer Kündigung?
- Welche Alternativen zu einer Kündigung gibt es?
- Warum sollten Arbeitgeber*innen auch schon vor einer Klage einen spezialisierten Anwalt einschalten?
- Fazit
- FAQ
1. Warum sind Kündigungen für Arbeitgeber*innen meist heikel?
Arbeitgeberseitige Kündigungen gehören zu den konfliktträchtigsten Maßnahmen im Arbeitsverhältnis und sind für Arbeitgeber*innen rechtlich besonders heikel und mit besonderen Risiken verbunden. Denn entgegen der landläufigen Meinung reicht es nicht aus, eine Kündigung auszusprechen und die gesetzlichen Fristen einzuhalten. Schon formale Fehler wie eine unvollständige Begründung, eine fehlerhafte Betriebsratsanhörung oder eine nicht nachweisbare Zustellung können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.
Besondere Voraussetzung bei Anwendbarkeit des KSchG
Sobald das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet, muss der*die Arbeitgeber*in im Streitfall nachweisen, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Dies ist nur möglich, wenn bestimmte Gründe vorliegen, z.B. betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe. Jeder dieser drei Kündigungsgründe unterliegt strengen Anforderungen, die im Streitfall genau geprüft werden. Und selbst wenn einer der Kündigungsgründe vorliegt, müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein, wie z.B. eine ordnungsgemäße Sozialauswahl, eine begründete Gesundheitsprognose oder eine vorherige Abmahnung.
6 Fakten zur verhaltensbedingten Kündigung erfahren Sie in diesem Beitrag.
Besonderer Kündigungsschutz
Besonders geschützte Personengruppen wie Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder*innen können zudem nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des jeweiligen Sonderkündigungsschutzes gekündigt werden. Fehlerhafte Kündigungen können in diesen Fällen erhebliche finanzielle und rechtliche Folgen haben.
Rechtssichere Kündigung durch juristische Unterstützung
Gerade deshalb ist es für Arbeitgeber*innen entscheidend, sich frühzeitig anwaltlich beraten zu lassen. Eine rechtssichere Kündigung setzt die sorgfältige Prüfung der Kündigungsgründe, die korrekte Einhaltung aller Fristen, die ordnungsgemäße Umsetzung sowie eine strategisch sinnvolle Kommunikation voraus – und dies schon vor Ausspruch der Kündigung.
Wir begreifen, dass Kündigungen nicht nur in juristischer, sondern auch in menschlicher Hinsicht sensibel sind. Deshalb unterstützen wir Sie umfassend mit dem Ziel, rechtliche Risiken zu minimieren, Konflikte zu vermeiden und eine tragfähige Lösung für Ihr Unternehmen zu finden.
Kurz: Eine Kündigung ist keine Formsache. Sie ist ein juristischer Präzisionsakt – und gerade deshalb für Arbeitgeber*innen so heikel.
2. Welche Kündigungsarten gibt es?
Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, sollte die*der Arbeitgeber*in genau wissen, welche Kündigungsart im konkreten Fall in Frage kommt und welches Ziel mit der Kündigung verfolgt wird. Je nach Art der Kündigung gelten unterschiedliche rechtliche Anforderungen. Bei der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung steht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Vordergrund. Soll die*der Arbeitnehmer*in trotz Pflichtverletzung im Betrieb gehalten werden, kommt auch eine Änderungskündigung in Betracht. Die Änderungskündigung kommt aber vor allem bei betrieblichen Umstrukturierungen oder Umorganisationen in Betracht.
Ordentliche Kündigung
Die ordentliche Kündigung ist die häufigste Form der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch die*den Arbeitgeber*in. Sie erfolgt unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist.
Wichtige Punkte:
- Die Kündigungsfrist richtet sich nach § 622 BGB, kann aber durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag abweichen.
- Je länger die Betriebszugehörigkeit, desto länger ist die gesetzliche Kündigungsfrist für die*den Arbeitgeber*in.
- Ein Kündigungsgrund muss erst dann genannt werden, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift und die*der Arbeitnehmer*in gegen die Kündigung klagt. Vorher muss kein Kündigungsgrund angegeben werden.
Achtung: Auch bei ordentlichen Kündigungen ist Vorsicht geboten. Bei Anwendbarkeit des KSchG ist eine sozial gerechtfertigte Begründung hinsichtlich der Kündigungsgründe Pflicht, wenn auch erst im Kündigungsschutzprozess der*des Arbeitnehmerin*s.
Werden im Kündigungsschreiben einer ordentlichen Kündigung keine Kündigungsgründe genannt, ist die Kündigung aus diesem Grund nicht fehlerhaft. Ein Kündigungsgrund muss in der Kündigung nicht genannt werden.
Außerordentliche fristlose Kündigung
Die außerordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur zulässig, wenn ein „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 BGB vorliegt.
Typische Fälle sind massive Verstöße der*des Arbeitnehmerin*s gegen arbeitsvertragliche Pflichten, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstören. Beispiele sind Arbeitszeitbetrug, Diebstahl, grobe Beleidigung oder beharrliche Arbeitsverweigerung.
Wichtige Punkte:
- Der Kündigungsgrund muss so schwerwiegend sein, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist.
- Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden. Die Frist kann gehemmt sein, wenn die*der Arbeitgeber*in umfangreiche Ermittlungen über das Fehlverhalten der*des Arbeitnehmerin*s einleiten muss (z.B. Compliance-Untersuchungen).
- Eine vorherige Anhörung der*des Arbeitnehmerin*s kann erforderlich sein, wenn eine sogenannte Verdachtskündigung ausgesprochen wird. Die Anhörung des Betriebsrats, soweit einer besteht, muss auch beachtet werden.
- Bei einer außerordentlichen Kündigung muss auf Verlangen der*des Arbeitnehmerin*s der Kündigungsgrund genannt werden (§ 626 Abs. 2 Satz 3 BGB).
Achtung: Fristlose Kündigungen sind rechtlich besonders fehleranfällig, da die Hürden (z.B. hinsichtlich der Schwere der Pflichtverletzung) hoch sind. Vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist eine anwaltliche Prüfung dringend anzuraten.
Änderungskündigung
Die Änderungskündigung ist ein Sonderfall: Sie bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis unter Wahrung der Kündigungsfrist gekündigt wird, und nahtlos danach aber die Fortsetzung zu geänderten Bedingungen angeboten wird. Dies können z.B. andere Arbeitszeiten, ein anderer Arbeitsort oder eine angepasste Vergütung sein.
Hat sich ein*e Arbeitnehmer*in z.B. grobe Pflichtverletzungen im Kundenkontakt zuschulden kommen lassen, kann die*der Arbeitgeber*in daran denken, eine Änderungskündigung auszusprechen und der*dem Arbeitnehmer*in mit der Änderungskündigung eine neue Tätigkeit zuzuweisen, die keinen Kundenkontakt mehr beinhaltet. Dies hängt jedoch stark von den Umständen, den Beschäftigungsmöglichkeiten und dem Willen der*des Arbeitgeberin*s ab, der*den Arbeitnehmer*in im Unternehmen zu halten.
Wichtige Punkte:
- Ist das KSchG anwendbar, gilt es auch für Änderungskündigungen – die Änderung bzw. Beendigungskündigung muss also sozial gerechtfertigt sein.
- Die*Der Arbeitnehmer*in kann das Änderungsangebot annehmen, ablehnen oder unter Vorbehalt annehmen (§ 2 KSchG).
- Wird das Änderungsangebot abgelehnt, wandelt sich die Änderungskündigung in eine Beendigungskündigung um.
Einsatzbereiche:
- Strukturelle Umorganisation
- Wirtschaftliche Gründe, die bestimmte Anpassungen erfordern
- Vermeidung einer vollständigen Beendigungskündigung
Achtung: Änderungskündigungen erfordern eine klare strategische Abwägung. Sie sollten daher nur mit rechtlicher Begleitung formuliert und ausgesprochen werden, um spätere Klagen zu vermeiden bzw. die Chancen für die*den Arbeitgeber*in zu verbessern.
Mehr zum Thema Änderungskündigung lesen Sie in diesem Beitrag.
3. Kann ein*e Arbeitgeber*in einer*m Arbeitnehmer*in einfach kündigen?
Als Arbeitgeber*in können Sie einer*m Arbeitnehmer*in nicht „einfach so“ kündigen. Selbst wenn im Eifer des Gefechts im Rahmen einer Auseinandersetzung der Satz „Sie sind gekündigt“ fällt, stellt dies zum einen keine Kündigung in schriftlicher Form dar und zum anderen wurde das Vorliegen der gesetzlichen Kündigungsvoraussetzungen bei einer solchen Äußerung nicht geprüft.
Zwar kann ein*e Arbeitgeber*in jederzeit eine Kündigung aussprechen, ob diese aber auch wirksam ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Denn das deutsche Arbeitsrecht stellt hohe Anforderungen an die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, insbesondere wenn der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) eingreift.
Eine Kündigung ist nur dann rechtswirksam, wenn sie:
- formell ordnungsgemäß erfolgt (schriftlich, handschriftlich unterschrieben, fristgerecht, ordnungsgemäß zugegangen),
- die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt (z.B. Sozialauswahl, Anhörung des Betriebsrats)
- und – sofern Kündigungsschutz besteht – sozial gerechtfertigt ist.
Andernfalls droht die Aufhebung der Kündigung durch das Arbeitsgericht. Dies kann für die*den Arbeitgeber*in weitreichende Folgen haben, wie Lohnnachzahlungen, Weiterbeschäftigungspflichten oder teure Vergleichsverhandlungen.
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Je nachdem, ob das Kündigungsschutzgesetz und damit der allgemeine Kündigungsschutz Anwendung findet oder nicht, sind die Voraussetzungen für eine arbeitgeberseitige Kündigung unterschiedlich. Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist daher ein zentraler Aspekt einer arbeitgeberseitigen Kündigung.
Für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes gibt es zwei Voraussetzungen, die beide erfüllt sein müssen. Die erste Voraussetzung ist, dass der Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer*innen beschäftigt und zwar nach Beschäftigungsquoten, nicht nach Köpfen gezählt. Hierbei zählen Beschäftigte mit einer Arbeitszeit von bis zu 20 Wochenstunden mit dem Faktor 0,5, Beschäftigte mit einer Arbeitszeit zwischen 20 und 30 Wochenstunden mit dem Faktor 0,75 und alle Beschäftigten mit mehr als 30 Wochenstunden mit dem Faktor 1,0. Die zweite Voraussetzung ist, dass das konkrete Arbeitsverhältnis unabhängig von einer vereinbarten Probezeit länger als sechs Monate bestanden hat (Wartezeit).
Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, spricht man auch von der Geltung des allgemeinen Kündigungsschutzes und die*der Arbeitgeber*in kann nur kündigen, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Es muss also einer der drei Kündigungsgründe – personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt – vorliegen.
Sozial gerechtfertigte Kündigungsgründe
Besteht allgemeiner Kündigungsschutz, muss einer der drei gesetzlich anerkannten Kündigungsgründe vorliegen:
- Personenbedingte Kündigung: Diese setzt voraus, dass die*der Arbeitnehmer*in dauerhaft nicht in der Lage ist, ihre*seine Arbeitsleistung zu erbringen, z.B. bei lang andauernder Krankheit ohne Aussicht auf Besserung. Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung. Zusätzlich muss der Ausfall den Betriebsablauf erheblich beeinträchtigen und es darf keine Möglichkeit bestehen, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen.
- Verhaltensbedingte Kündigung: Hier steht ein steuerbares Fehlverhalten der*des Arbeitnehmerin*s im Mittelpunkt, wie z.B. wiederholtes unentschuldigtes Fehlen, Arbeitsverweigerung oder grobe Verletzungen der arbeitsvertraglichen Pflichten. In der Regel ist eine wirksame Abmahnung erforderlich, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann.
- Betriebsbedingte Kündigung: Sie erfolgt aufgrund von unternehmerischen Entscheidungen, z.B. bei Umstrukturierungen, Auftragsrückgang oder Schließung von Abteilungen. Der Arbeitsplatz der*des Arbeitnehmerin*s muss tatsächlich wegfallen und es darf keine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestehen. Zudem muss eine korrekte Sozialauswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern*innen durchgeführt werden – ein besonders sensibler Punkt, der häufig Gegenstand arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen ist.
Sie planen eine Kündigung und wollen rechtlich auf der sicheren Seite sein? Die Anforderungen an eine wirksame Kündigung sind hoch – Formfehler, fehlende Begründungen oder Fristversäumnisse können teuer werden. Unsere erfahrenen Fachanwält*innen für Arbeitsrecht unterstützen Sie dabei, Risiken zu vermeiden und Ihre Interessen professionell durchzusetzen.
Anhörung des Betriebsrates
Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, so ist dieser vor jeder Kündigung ordnungsgemäß anzuhören (§ 102 BetrVG). Dabei sind der Kündigungsgrund, die Art der Kündigung sowie Angaben zur Person der*des Arbeitnehmerin*s vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen. Unterbleibt die Anhörung oder ist sie fehlerhaft, ist die Kündigung in der Regel unwirksam, unabhängig davon, wie gut sie inhaltlich begründet ist. Arbeitgeber*innen sollten daher die Anhörung des Betriebsrats gut vorbereiten und schlüssig darlegen, warum die Kündigung einer*s Arbeitnehmer*ins gerechtfertigt ist.
Besonders geschützte Arbeitnehmergruppen
Ein weiteres zentrales Thema sind besonders geschützte Arbeitnehmergruppen und der damit verbundene sogenannte besondere Kündigungsschutz. Hierzu zählen unter anderem Schwangere, Arbeitnehmer*innen in Elternzeit, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder*innen und besondere Beauftragte des Unternehmens (z.B. Datenschutzbeauftragte).
Bei diesen Personengruppen ist eine Kündigung entweder ganz ausgeschlossen oder nur mit Zustimmung einer Behörde (in der Regel der Arbeitsschutzbehörde) oder des Betriebsrats zulässig. Der besondere Kündigungsschutz ist für die einzelnen Arbeitnehmergruppen unterschiedlich ausgestaltet, und zwar hinsichtlich des Beginns, des Umfangs und der Möglichkeit einer Kündigung mit Zustimmung der Behörde oder des Betriebsrats.
Verstöße gegen den besonderen Kündigungsschutz führen regelmäßig zur Unwirksamkeit der Kündigung und meist auch zu hohen Kosten und erheblichen Reputationsrisiken.
Folgen der Nicht-Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, z.B. weil der Betrieb zehn oder weniger Arbeitnehmer*innen beschäftigt oder das Arbeitsverhältnis weniger als sechs Monate besteht, hat die*der Arbeitgeber*in erleichterte Kündigungsmöglichkeiten. Die Kündigung muss in diesen Fällen nicht sozial gerechtfertigt sein. Es genügt, dass sie formell korrekt, also schriftlich und fristgerecht erfolgt.
Wichtig: Ohne allgemeinen Kündigungsschutz gelten wichtige Schutzvorschriften trotzdem weiter. Dazu gehört zum Beispiel der besondere Kündigungsschutz für Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder*innen. Außerdem sind Kündigungen, die willkürlich, sittenwidrig, diskriminierend sind oder ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme vermissen lassen, auch außerhalb des KSchG unwirksam.
Es mag sein, dass die rechtlichen Hürden ohne KSchG niedriger sind, jedoch sollten Kündigungen in Kleinbetrieben oder während der Probezeit nicht leichtfertig ausgesprochen werden. Eine sorgfältige Prüfung bleibt unerlässlich.
4. Was sind mögliche Formfehler bei einer Kündigung?
In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass Kündigungen nicht selten daran scheitern, dass sie zwar inhaltlich gut gemeint sind, aber formal oder taktisch falsch umgesetzt werden. Die rechtlichen Anforderungen an eine wirksame Arbeitgeberkündigung sind hoch und viele Fallstricke lassen sich nur mit sorgfältiger Vorbereitung und juristischem Sachverstand vermeiden. Wer als Arbeitgeber*in auf der sicheren Seite sein will, sollte die folgenden typischen Fehler unbedingt kennen:
Kündigung ohne rechtliche Prüfung des Kündigungsschutzes
Ein häufiger Ausgangspunkt für Probleme ist die falsche Einschätzung des Kündigungsschutzes. Gerade in mittelständischen Betrieben wird häufig übersehen, dass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bereits ab mehr als zehn regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern*innen – Teilzeitkräfte eingeschlossen – gilt. Berechnet wird nach Beschäftigungsquoten, wie oben dargestellt. Wird einer*m Arbeitnehmer*in gekündigt, ohne vorher zu prüfen, ob sozial gerechtfertigte Gründe vorliegen müssen, droht die Kündigung vor Gericht zu scheitern.
Fehlende oder unvollständige Abmahnung bei verhaltensbedingter Kündigung
Besonders fehleranfällig sind auch verhaltensbedingte Kündigungen, etwa wegen Fehlverhaltens oder Pflichtverletzungen. Hier ist fast immer mindestens eine vorherige wirksame Abmahnung erforderlich, die sich auf einen ähnlichen oder gleichartigen Verstoß beziehen muss. Viele Arbeitgeber*innen begnügen sich mit allgemeinen (mündlichen) Ermahnungen oder dokumentieren das Fehlverhalten nicht ausreichend in einer Abmahnung. Dies führt dazu, dass die Kündigung vor Gericht keinen Bestand hat. Eine ordnungsgemäße schriftliche Abmahnung mit konkreter Beschreibung des Vorwurfs ist daher unerlässlich.
Formfehler bei der Kündigungserklärung
Auch bei der Form der Kündigung selbst werden immer wieder gravierende Fehler gemacht. So sind mündliche Kündigungen, Kündigungen per E-Mail oder Kündigungen ohne Unterschrift rechtlich unwirksam. Das Gesetz verlangt ausdrücklich die Schriftform im Original mit eigenhändiger Unterschrift (§ 623 BGB). Auch digitale Unterschriften über entsprechende Tools reichen nicht aus. Zudem sollte der Zugang der Kündigung rechtssicher dokumentiert werden, z.B. durch persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung oder durch Boten. Der Bote muss zudem auch gesehen haben, was er im verschlossenen Umschlag einwirft.
Fehlende oder fehlerhafte Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen
Besonders kritisch sind auch betriebsbedingte Kündigungen, bei denen die gesetzlich vorgeschriebene Sozialauswahl zu beachten ist. Dabei sind Kriterien wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und ggf. Schwerbehinderung zu berücksichtigen. Erfolgt die Auswahl ohne erkennbare Systematik oder benachteiligt sie sozial besonders schutzwürdige Arbeitnehmer*innen, ist die Kündigung angreifbar und eine Klage häufig erfolgreich.
Kündigung ohne Beratung bei besonderem Kündigungsschutz
Nicht zu unterschätzen ist schließlich der Umgang mit besonders geschützten Arbeitnehmergruppen wie Schwangeren, Arbeitnehmern*innen in Elternzeit oder Schwerbehinderten. Zwar ist eine Kündigung bei sehr schweren Pflichtverletzungen oft möglich, allerdings muss in diesen Fällen vor Ausspruch der Kündigung eine behördliche Zustimmung eingeholt werden. Fehlt diese, ist die Kündigung nicht nur unwirksam, sondern rechtlich nicht existent. Um solche Fälle zu vermeiden, sollten sich Arbeitgeber*innen in jedem Fall juristisch beraten lassen.
Kündigungen sind komplex und sollten juristisch begleitet werden
Kündigungen sind kein Formalakt, sondern ein rechtlich hochkomplexer Vorgang. Wer als Arbeitgeber*in typische Fehler vermeiden will, muss das Arbeitsverhältnis nicht nur strategisch, sondern auch formal korrekt beenden. Eine rechtliche Prüfung im Vorfeld vermeidet nicht nur Prozesse, sondern auch Kosten, Imageschäden und kann interne Unruhe verhindern. Arbeitgeber*innen, die hier professionell, idealerweise mit anwaltlicher Unterstützung, vorgehen, sichern sich rechtlich ab und handeln gleichzeitig verantwortungsvoll gegenüber ihren Mitarbeitern.
5. Welche Alternativen zu einer Kündigung gibt es?
Eine Kündigung ist selten die eleganteste Lösung zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, da häufig das rechtliche Risiko besteht, dass die Kündigung in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren für unwirksam erklärt wird. Arbeitgeber*innen, die ein Arbeitsverhältnis beenden oder umgestalten wollen, sollten daher immer prüfen, ob es nicht sicherere oder flexiblere Alternativen zur Kündigung gibt. Zwei bewährte Instrumente sind in der Praxis besonders relevant: der Aufhebungsvertrag und der Abwicklungsvertrag.
Aufhebungsvertrag
Der Aufhebungsvertrag ist eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wird dieser Vertrag von beiden Seiten unterschrieben, ist das Arbeitsverhältnis rechtssicher beendet und im besten Fall sind alle weiteren Ansprüche geregelt. Der Vorteil liegt darin, dass keine Kündigung ausgesprochen werden muss und beide Arbeitsvertragsparteien nicht an gesetzliche Kündigungsfristen oder den Kündigungsschutz gebunden sind.
Für die*den Arbeitgeber*in ergeben sich daraus zahlreiche Vorteile: Sie gewinnen Rechtssicherheit, langwierige und kostspielige Kündigungsschutzprozesse können vermieden werden und das Arbeitsverhältnis kann – bei entsprechender Vereinbarung – auch sehr kurzfristig beendet werden. Ein Betriebsrat muss grundsätzlich nicht beteiligt werden, was zusätzliche Flexibilität schafft.
Zudem kann ein Aufhebungsvertrag individuell ausgestaltet werden. Neben dem Beendigungszeitpunkt können beispielsweise eine Abfindung, eine Freistellung, eine Regelung zur Rückgabe von Arbeitsmitteln oder der Inhalt des Arbeitszeugnisses verbindlich vereinbart werden.
Wichtig: Die*Der Arbeitnehmer*in darf nicht unter Druck gesetzt oder zur Unterschrift gedrängt werden. Ihr*Ihm sollte ausreichend Bedenkzeit eingeräumt werden. Andernfalls kann die Vereinbarung später angefochten werden. Arbeitgeber*innen sollten sich bewusst sein, dass ein Aufhebungsvertrag für die*den Arbeitnehmer*in in der Regel eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zur Folge hat. Dies kann Verhandlungsspielraum, aber auch zusätzlichen Beratungsbedarf schaffen.
Mehr zum Thema Aufhebungsvertrag lesen Sie in diesem Beitrag.
Abwicklungsvertrag
Etwas anders gelagert ist der Abwicklungsvertrag. Dieser kommt nach einer ausgesprochenen Kündigung und vor allem dann zum Einsatz, wenn sich beide Parteien außergerichtlich einigen wollen. Der Abwicklungsvertrag ersetzt nicht die Kündigung, sondern regelt nur deren Folgen, wie z.B. eine Abfindung, eine Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses oder Formulierungen bzw. die Gesamtnote für das Zeugnis. Auch Stillschweigen, Rückgabepflichten und Wettbewerbsverbote können hier verbindlich vereinbart werden.
Allerdings ist Vorsicht geboten: Wird ein Abwicklungsvertrag mit „Zugeständnissen“ wie etwa einer Abfindung verbunden, kann dies als Eingeständnis gewertet werden, dass die Kündigung möglicherweise unwirksam war. Auch aus diesem Grund empfiehlt es sich, solche Vereinbarungen von einem Anwalt entwerfen zu lassen, um Formulierungsfehler zu vermeiden.
Als Fachanwälte für Arbeitsrecht stehen wir an Ihrer Seite!
Kündigung oder einvernehmliche Lösung
Wer nicht zwingend kündigen muss, sollte Alternativen ernsthaft in Erwägung ziehen. Einvernehmliche Lösungen sind oft rechtlich sicherer, wirtschaftlich effizienter und menschlich erträglicher. Ob Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag – beide Instrumente ermöglichen es, Arbeitsverhältnisse geordnet zu beenden, ohne sich dem Risiko einer Kündigungsschutzklage auszusetzen. Vorausgesetzt, sie werden mit der gebotenen Sorgfalt und juristischen Expertise vorbereitet.
6. Warum sollten Arbeitgeber*innen auch schon vor einer Klage einen spezialisierten Fachanwalt für Arbeitsrecht einschalten?
Viele Arbeitgeber*innen greifen erst dann zum Telefonhörer, wenn die Kündigung bereits ausgesprochen und die Kündigungsschutzklage eingegangen ist. Doch wer bis dahin wartet, hat bereits einen Großteil seines Handlungsspielraums verspielt oder geht vermeidbare Risiken ein. Denn die eigentliche Rechtsunsicherheit entsteht nicht erst vor Gericht, sondern bereits in dem Moment, in dem intern über eine Kündigung nachgedacht wird.
Kündigungen verlangen Fingerspitzengefühl
Die Entscheidung, ein Arbeitsverhältnis zu beenden, ist nie eine rein juristische. Sie erfordert Fingerspitzengefühl, strategisches Denken und fundierte arbeitsrechtliche Kenntnisse. Fehler in der Begründung, Form oder Vorbereitung lassen sich im Nachhinein nur schwer oder gar nicht mehr korrigieren. Schon vermeintlich kleine Versäumnisse, etwa bei der Betriebsratsanhörung, der Sozialauswahl oder der Dokumentation, können dazu führen, dass eine ansonsten gerechtfertigte Kündigung vor dem Arbeitsgericht scheitert.
Juristische Unterstützung schon vor Kündigung
Arbeitgeber*innen sollten daher nicht erst im Streitfall, sondern bereits im Vorfeld anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Rechtsanwalt Martin Graner, Fachanwalt für Arbeitsrecht, berät Arbeitgeber*innen umfassend in allen Fragen rund um die rechtssichere Trennung von Mitarbeitern*innen.
Die Beratung beginnt idealerweise vor dem Kündigungsschreiben: bei der Prüfung, ob und welche Kündigungsgründe tragfähig sind, bei der Einordnung des Kündigungsschutzes, der korrekten Fristberechnung, der juristisch sauberen Formulierung und nicht zuletzt bei der Risikominimierung im Hinblick auf mögliche Folgeansprüche.
Beratung durch Fachanwalt für Arbeitsrecht für Arbeitgeber sinnvoll
Als Fachanwälte für Arbeitsrecht kennen wir von Marten & Graner nicht nur die juristischen Feinheiten, sondern auch die Praxis der Arbeitsgerichte und damit die Punkte, an denen Kündigungen regelmäßig scheitern. Unser Anspruch ist es, Konflikte nicht nur zu lösen, sondern von vornherein zu vermeiden. Arbeitgeber*innen profitieren von einer klar strukturierten, nachvollziehbaren und strategisch durchdachten Beratung, die auch menschliche Aspekte und betriebliche Auswirkungen berücksichtigt.
Wer rechtssicher kündigen will, sollte nicht bis zum Prozess warten. Die rechtliche Unterstützung durch einen spezialisierten Fachanwalt wie Martin Graner ist kein Zeichen von Unsicherheit, sondern Ausdruck professioneller Unternehmensführung. Denn: Eine gut vorbereitete Kündigung ist der beste Schutz vor einem teuren Rechtsstreit.
7. Fazit
- Kündigungen sind rechtlich anspruchsvoll und fehleranfällig: Eine Kündigung ist kein einfacher Verwaltungsakt. Schon formale Fehler wie eine unzureichende Prüfung der Kündigungsgründe, eine fehlende Betriebsratsanhörung oder eine falsche Form (z.B. mündlich statt schriftlich) können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen – mit erheblichen finanziellen und organisatorischen Folgen.
- Kündigungsschutzgesetz (KSchG) stellt hohe Anforderungen: Das KSchG gilt ab einer Betriebsgröße von mehr als zehn Beschäftigten und einer Beschäftigungsdauer von mehr als sechs Monaten. In diesen Fällen ist eine Kündigung nur aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen zulässig – und diese müssen streng geprüft und dokumentiert werden.
- Besondere Kündigungsschutzrechte sind zu beachten: Bestimmte Personengruppen wie Schwangere, Schwerbehinderte, Elternzeitler oder Betriebsratsmitglieder genießen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist in solchen Fällen nur unter erschwerten Bedingungen oder mit behördlicher Zustimmung möglich.
- Verschiedene Kündigungsarten mit eigenen Voraussetzungen: Ordentliche, außerordentliche (fristlose) und Änderungskündigungen unterliegen jeweils unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen. Insbesondere fristlose Kündigungen und Änderungskündigungen sind besonders risikobehaftet und sollten nur nach rechtlicher Prüfung ausgesprochen werden.
- Einvernehmliche Lösungen sind oft die bessere Alternative: Aufhebungs- und Abwicklungsverträge bieten bei richtiger und fairer Gestaltung eine flexiblere und oft auch rechtssichere Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Sie vermeiden Kündigungsschutzklagen und sind individuell gestaltbar.
- Frühzeitige anwaltliche Beratung schützt vor teuren Fehlern: Rechtsanwalt Martin Graner, Fachanwalt für Arbeitsrecht, unterstützt Arbeitgeber*innen bereits vor Ausspruch einer Kündigung bei der Prüfung der Gründe, der korrekten Umsetzung und der strategischen Kommunikation. Denn: Rechtssicherheit entsteht nicht erst im Prozess, sondern schon vorher.
8. FAQ
Kann ich eine Kündigung auch mündlich oder per E-Mail aussprechen?
Nein. Eine Kündigung muss gemäß § 623 BGB immer schriftlich erfolgen und eigenhändig unterschrieben sein. Mündliche oder elektronische Kündigungen (z. B. per E-Mail, WhatsApp, Fax) sind rechtlich unwirksam. Auch digital produzierte Unterschriften reichen nicht.
Muss ich im Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund angeben?
In der Regel: Nein. Der Kündigungsgrund muss nicht im Kündigungsschreiben genannt werden. Dies ist allerdings dann anders, wenn es sich um eine außerordentliche (fristlose) Kündigung handelt und der*die Arbeitnehmer*in verlangt eine Begründung (§ 626 Abs. 2 BGB). Aber Achtung: Im Kündigungsschutzprozess muss der Grund auch bei einer ordentlichen Kündigung genannt und beweisbar dargelegt werden können.
Gilt das Kündigungsschutzgesetz und der allgemeine Kündigungsschutz auch in kleinen Betrieben?
Das KSchG gilt erst ab einer Betriebsgröße von mehr als zehn Mitarbeitenden (maßgeblich: Vollzeitäquivalente) und nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit eines konkreten Arbeitsverhältnisses. In Kleinbetrieben gelten zwar geringere Hürden, doch auch dort sind Formvorschriften und Schutzrechte zu beachten.
Was passiert, wenn ich den Betriebsrat nicht oder falsch anhöre?
Dann ist die Kündigung automatisch unwirksam, unabhängig vom Kündigungsgrund. Der Betriebsrat muss vor jeder Kündigung ordnungsgemäß angehört werden (§ 102 BetrVG). Fehler in der Anhörung zählen zu den häufigsten formellen Kündigungsfehlern.
Wann ist juristische Unterstützung durch einen Fachanwalt / eine Fachanwältin sinnvoll?
Idealerweise vor Ausspruch der Kündigung. Eine frühzeitige juristische Beratung durch eine*n spezialisierte*n Anwältin*Anwalt, wie Rechtsanwalt Martin Graner, Fachanwalt für Arbeitsrecht, oder einer Fachanwältin aus unserem Team von Fachanwälten für Arbeitsrecht bei Marten & Graner schützt vor Fehlern, minimiert Risiken und erhöht die Chancen auf eine rechtswirksame und strategisch sinnvolle Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
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