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Arbeitszeitbetrug – wann Arbeitgeber*innen ihren Mitarbeitern kündigen dürfen

Fehlt eine digitale Zeiterfassung oder manipulieren Arbeitnehmer*innen ihre tatsächliche Arbeitszeit auf andere Weise, könnte es sich um einen Arbeitszeitbetrug handeln. Was das ist und mit welchen Konsequenzen Arbeitnehmer*innen rechnen müssen – wir geben Antworten auf diese und weitere Fragen.

Arbeitszeit verchwenden
Haben Sie Fragen zum Thema Arbeitszeitbetrug? Rufen Sie uns an unter 030 / 890644-0 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an info@marten-graner.de

Inhalt

  1. Arbeitszeitbetrug: Schummeln bei der Arbeitszeit
  2. Kriterien für eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs
  3. Beispiel für eine berechtigte Kündigung
  4. Nachweispflicht des oder der Arbeitgeber*in

1. Arbeitszeitbetrug: Schummeln bei der Arbeitszeit

Um Arbeitszeitbetrug handelt es sich, wenn Sie sich als Arbeitnehmer*in für Arbeitszeit bezahlen lassen, die Sie nicht geleistet haben, zum Beispiel: 

  • Sie surfen während der Arbeitszeit im Internet und bewegen sich auf Webseiten, die nichts mit Ihrer Arbeit zu tun haben. 
  • Sie shoppen während der Arbeitszeit online oder vertreiben sich die Zeit mit Computerspielen. 
  • Sie bitten eine*n Kolleg*in, Sie eine Stunde vor Arbeitsbeginn einzustempeln, obwohl Sie erst eine Stunde später an Ihrem Arbeitsplatz erscheinen. 
  • Sie geben vor, im Home Office zu arbeiten. Tatsächlich beschäftigen Sie sich im Home Office mit allem, nur nicht mit der Erledigung Ihrer Arbeit. 
  • Sie stempeln sich in Ihren Arbeitspausen nicht aus oder schreiben Pausen als Arbeitszeit auf. 
  • Sie sind im Außendienst tätig und rechnen Fahrtzeiten ab, zu denen Sie längst zuhause waren. 

Die aufgeführten Beispiele sind typische Fälle des Arbeitszeitbetrugs. Doch es gibt auch Situationen, bei denen nicht von vornherein klar ist, ob es sich um Betrugsfälle handelt oder nicht. 

Plaudern Sie zum Beispiel während eines Arbeitstages mehrfach mit Kolleg*innen, arbeiten Sie nicht, sondern verschwenden wertvolle Arbeitszeit. 

Um einen Arbeitszeitbetrug handelt es sich jedoch nicht, weil der für einen Betrug notwendige Vorsatz fehlt. Insoweit handelt es sich um beruflichen Alltag, der im Rahmen des Üblichen liegt. Ein häufiger Streitpunkt sind Raucherpausen am Arbeitsplatz. 

Hier ist es empfehlenswert, klare Vereinbarungen zu treffen und beispielsweise Raucher aufzufordern, während der Raucherpausen auszustempeln. 

2. Kriterien für eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs

Als Arbeitnehmer*in werden Sie sich fragen, welche Rechtsfolgen es nach sich ziehen kann, wenn Sie bezüglich der Arbeitszeit betrügen. 

Rechtlich gesehen haben Sie Ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt und das Vertrauen Ihres oder Ihrer Arbeitgeber*in missbraucht. Deshalb hat der oder die Arbeitgeber*in die Möglichkeit, eine verhaltensbedingte oder eine außerordentliche, fristlose Kündigung auszusprechen. 

Damit eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs Aussicht auf Erfolg hat, muss Sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen: 

  • Voraussetzung für eine Kündigung wegen Arbeitsplatzbetrugs ist, dass Sie als Arbeitnehmer*in in erheblichem Maße mit Ihrer Arbeitszeit geschummelt haben. Wenige Minuten reichen allenfalls für eine Abmahnung aus, nicht jedoch für eine Kündigung. Eine einheitliche Rechtsprechung gibt es bezüglich der Kündigung wegen Arbeitsplatzbetrugs nicht. Stattdessen entscheidet jedes Gericht nach Lage des Einzelfalls. 
  • Eine weitere Voraussetzung ist, dass dem oder der Arbeitgeber*in durch das Verhalten des oder der Arbeitnehmer*in ein Schaden entstanden ist. Maßgeblich ist der Umfang des Schadens, der in der Bezahlung von nicht geleisteter Arbeit begründet ist. Ist die durch Nichtleistung erschlichene Vergütung gering, kommt allenfalls eine Abmahnung in Betracht. Erst wenn der Schaden erheblich ist, kann der oder die Arbeitgeber*in das Arbeitsverhältnis ordentlich oder außerordentlich kündigen. 
  • Um einen Schaden geltend machen und einen Arbeitszeitbetrug beweisen zu können, muss der oder die Arbeitgeber*in den Betrug einschließlich der betrügerischen Absicht nachweisen. 

3. Beispiel für eine berechtigte Kündigung: 

In einem Urteil vom 9. Juni 2011 – Az.: 2 AZR 381/10 – hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs für rechtmäßig erklärt. 

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: 

Eine Verwaltungsangestellte des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) arbeitete in Gleitzeit und stempelte bereits auf dem Parkplatz ihre Arbeitszeit ein. In der Summe ergab das 135 Minuten, die sie als Arbeitszeit verbuchte, in der sie jedoch nicht gearbeitet hatte. 

Als Begründung bestätigte das BAG den nach § 626 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) erforderlichen wichtigen Grund. Die Arbeitnehmerin habe gegen Ihre arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen, Ihre Arbeitszeit im Rahmen der digitalen Zeiterfassung korrekt zu erfassen. 

Und das bedeute einen schweren Vertrauensbruch gegenüber dem Arbeitgeber, dem ein finanzieller Schaden durch nicht geleistete, aber bezahlte Arbeit entstanden sei. 

4. Nachweispflicht des oder der Arbeitgeber*in

Grundsätzlich muss der oder die Arbeitgeber*in den Arbeitszeitbetrug nachweisen. Tatsächlich scheitern viele Kündigungen daran, dass dem oder der Arbeitgeber*in dieser Nachweis nicht gelingt. Eine grundsätzliche Voraussetzung ist, dass die Arbeitszeit klar definiert sein muss, was gleichermaßen für den Arbeitsbeginn als auch für das Arbeitsende gilt.

Der Nachweis gelingt, wenn die Arbeitszeiten im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind und die Arbeitszeit digital erfasst wird. Der Nachweis gelingt auch, wenn der oder die Arbeitgeber*in den oder die Arbeitnehmer*in auf frischer Tat ertappt. Allerdings muss er oder sie sich auf Ausreden gefasst machen, die vom nicht Funktionieren des Arbeitszeiterfassungsgerätes bis zu „das habe ich vergessen“ reichen. Im Ergebnis ist Arbeitszeitbetrug ein von Arbeitgeber*innen überschätzter Kündigungsgrund, da die Nachweispflicht meistens nicht erfüllt werden kann. 

Hat ein*e Arbeitgeber*in einen begründeten Verdacht, und fehlt es an den erforderlichen Beweisen, kann er eine Verdachtskündigung aussprechen. Als Fachanwalt*in für Arbeitsrecht empfehlen wir unseren Mandanten, eine*n Mitarbeiter*in immer dann abzumahnen, wenn Interesse an einer Weiterbeschäftigung besteht. Auf diese Weise haben ansonsten gute und zuverlässige Arbeitnehmer*innen die Chance, ihr Verhalten entsprechend zu ändern. 

Sie haben Fragen zum Arbeitszeitbetrug oder zu anderen arbeitsrechtlichen Themen? Kontaktieren Sie uns! Gemeinsam mit Ihnen durchleuchten wir den Sachverhalt und loten Ihre Chancen im Falle einer außergerichtlichen Einigung oder gerichtlichen Klärung aus!

Bilderquellennachweis: © stevanovicigor | Panthermedia

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