Ihnen wurde in der Probezeit gekündigt? Das ist keine Seltenheit!
Häufig möchten Arbeitgeber*innen ihre Arbeitnehmer*innen vor einer festen Anstellung zunächst kennenlernen und Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Zusammenarbeit im Team erproben.
So soll klar werden, ob eine dauerhafte Mitarbeit gewünscht ist.
Aus diesem Grund gelten die ersten Monate eines Arbeitsverhältnisses meist als „Probezeit“.
Wann Ihr*e Arbeitgeber*in Sie während dieser Zeit kündigen darf und was Sie sonst noch zur Probezeit wissen sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhalt
- Welche Arten von Probezeiten gibt es?
- Wann genau beginnt und endet die gesetzliche Probezeit?
- Dürfen Arbeitgeber*innen das Arbeitsverhältnis in der Probezeit „von jetzt auf gleich“ kündigen?
- Habe ich als Arbeitnehmer*in während der gesetzlichen Probezeit überhaupt keinen Kündigungsschutz?
- Was kann ich als Arbeitnehmer*in tun, wenn mir in der Probezeit gekündigt wurde?
- Kann ich auch eine Abfindung erhalten?
- Fazit
1. Welche Arten von Probezeiten gibt es?
Im Arbeitsalltag werden sprachlich oft verschiedene Arten von Probezeiten miteinander vermischt. Wichtig ist aber vor allem die Unterscheidung zwischen einer vertraglich vereinbarten Probezeit und der gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeit.
Eine vertragliche Probezeit kann rechtlich auf verschiedene Weise vereinbart werden:
Arbeitnehmer*innen werden zunächst befristet zur Erprobung eingestellt. Erst am Ende der Befristung entscheiden Arbeitgeber*innen über eine Festanstellung. Das Gesetz lässt eine solche Befristung des Arbeitsverhältnisses zu, da es die „Befristung zur Erprobung“ als einen sachlichen Grund ansieht, der Arbeitgeber*innen zur Befristung des Arbeitsvertrags berechtigt (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG).
Das Arbeitsverhältnis ist unbefristet, aber es wird vereinbart, dass die ersten Monate als Probezeit gelten sollen. Die Höchstgrenze liegt hier bei sechs Monaten. Während dieser Zeit sind beide Parteien berechtigt, das Arbeitsverhältnis innerhalb einer (verkürzten) Frist von zwei Wochen zu kündigen (§ 622 Abs. 3 BGB).
Der häufigste und wichtigste Fall einer „Probezeit“ ist jedoch die gesetzlich vorgesehene Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG: Danach gilt das allgemeine Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur für Arbeitnehmer*innen, deren Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monaten bestanden hat.
Während dieser sechsmonatigen Wartezeit kann das Arbeitsverhältnis durch Arbeitgeber*innen auch ohne Kündigungsgrund gekündigt werden. So wird eine Kündigung von Arbeitnehmer*innen stark vereinfacht.
Zu dieser Wartezeit kommt es automatisch. Anders als bei den anderen Formen der Probezeit ist keine entsprechende Einigung im Arbeitsvertrag nötig.
Alle genannten Regelungen sollen den Parteien Gelegenheit geben, sich gegenseitig zunächst kennenzulernen. Auch die Wartezeit ist daher eine Art „gesetzliche“ Probezeit. Passender und juristisch korrekt ist jedoch der Begriff „Wartezeit“.
2. Wann genau beginnt und endet die gesetzliche Probezeit?
Die gesetzliche Wartezeit beträgt sechs Monate. Sie beginnt an dem Tag, an dem derdie Arbeitnehmerin nach den vertraglichen Vereinbarungen die Arbeit aufnehmen soll. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags oder auf den tatsächlichen Arbeitsbeginn kommt es hingegen nicht an.
Beispiele:
- Laut dem Arbeitsvertrag ist der 1. August 2021 für den Arbeitsbeginn vorgesehen. Bei diesem Tag handelt es sich um einen Sonntag, sodass der*die Arbeitnehmer*in tatsächlich erst am Montag, den 2. August die Arbeit aufnimmt. Trotzdem beginnt die Wartezeit bereits am 1. August 2021 zu laufen.
- Der Arbeitsvertrag sieht als Arbeitsbeginn den 15. August 2021 vor. An diesem Tag ist der*die Arbeitnehmer*in jedoch erkrankt und wird bis zum 20. August 2021 krankgeschrieben, sodass der Arbeitsantritt erst am 23. August 2021 erfolgt. Auch in diesem Fall beginnt bereits am 15. August 2021 die Wartezeit zu laufen.
- Eine Woche nach dem Bewerbungsgespräch am 30. April 2021 unterschreiben beide Parteien am 7. Mai 2021 einen Arbeitsvertrag, der den Arbeitsbeginn für den 1. September 2021 vorsieht. Da es weder auf den Zeitpunkt des Bewerbungsgesprächs noch den Abschluss des Arbeitsvertrags, sondern auf den vertraglich vorgesehen Arbeitsbeginn ankommt, beginnt die Wartezeit am 1. September 2021 zu laufen.
Die Probezeit endet genau sechs Monate später, wobei es nicht darauf ankommt, ob der letzte Tag des Zeitraums auf einen Feiertag oder das Wochenende fällt.
Beispiele:
- Beginnt die Probezeit am 1. September 2021, endet sie am 28. Februar 2022.
- Beginnt die Probezeit am 6. September 2021, endet sie am 5. März 2022, obwohl es sich bei diesem Tag um einen Samstag handelt.
- Für die Frage, ob die Probezeit noch gilt oder der Kündigungsschutz schon greift, kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an. Erhalten Arbeitnehmer*innen die Kündigung am letzten Tag der Probezeit, unterliegt sie noch nicht dem Kündigungsschutz.
3. Dürfen Arbeitgeber*innen das Arbeitsverhältnis in der Probezeit „von jetzt auf gleich“ kündigen?
Eine Kündigung während der gesetzlichen Wartezeit bedeutet nicht, dass Arbeitnehmer*innen von einem Tag auf den anderen ihren Job verlieren. Auch bei einer Probezeitkündigung müssen Arbeitgeber*innen die gesetzliche Kündigungsfrist einhalten.
Das bedeutet, dass Arbeitgeber*innen das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nur mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats kündigen können (§ 622 Abs. 1 BGB).
Beispiele:
- Kündigt der*die Arbeitgeber*in das Arbeitsverhältnis am 2. August 2021, kann die Kündigung erst mit Wirkung zum 31. August 2021 erfolgen.
- Geht die Kündigung am 4. August 2021 zu, kann die Kündigung erst mit Wirkung zum 15. September 2021 erfolgen.
Aber Vorsicht! In den meisten Arbeitsverträgen ist zusätzlich zur Wartezeit eine vertragliche Probezeit vereinbart (s.o.). In diesem Fall ist die Kündigungsfrist auf zwei Wochen verkürzt.
4. Habe ich als Arbeitnehmer*in während der gesetzlichen Probezeit überhaupt keinen Kündigungsschutz?
Arbeitnehmer*innen sind auch während der gesetzlichen Probezeit nicht gänzlich ohne Schutz.
Zwar sind Arbeitgeber*innen innerhalb der Probezeit berechtigt, das Arbeitsverhältnis auch ohne Kündigungsgrund zu beenden, allerdings gilt trotzdem ein sog. „Mindestkündigungsschutz“.
Das bedeutet vor allem, dass die Kündigung weder treu- noch sittenwidrig darf.
Beispiele:
- Die durch ein*e Arbeitgeber*in ausgesprochene Kündigung ist sittenwidrig, wenn gezielt Mitglieder einer Gewerkschaft entlassen werden sollen.
- Sittenwidrig ist die Kündigung auch dann, wenn Arbeitgeber*innen Arbeitnehmer*innen kündigen, welche im Bewerbungsgespräch die meist unzulässige Frage nach einem eingestellten Ermittlungsverfahren, einer Schwangerschaft oder einer Erkrankung berechtigterweise unwahr beantwortet haben.
- Eine Kündigung ist treuwidrig, wenn Arbeitgeber*innen kündigungswillige Arbeitnehmer*innen zuvor von einer Eigenkündigung abgehalten haben, nur um diesen dann kurze Zeit später selbst zu kündigen.
- Eine Kündigung kann auch dann treuwidrig sein, wenn sie zur „Unzeit“ erfolgt. Dies wird etwa dann angenommen, wenn Arbeitnehmer*innen nach einem schweren Arbeitsunfall noch am selben Tag im Krankenhaus unmittelbar vor einer Operation die Kündigung ausgehändigt bekommen.
- Keine sittenwidrige Kündigung liegt dagegen vor, wenn Arbeitnehmer*innen eine Arbeitsstelle annehmen und später aus Gewissensgründen die Arbeit verweigern.
Außerdem sind auch während der Probezeit diskriminierende Kündigungen verboten. Dies ist insbesondere bei Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) der Fall.
Beispiel: Die Kündigung erfolgt einzig und allein aufgrund des Alters oder der Hautfarbe des*der Arbeitnehmer*in.
Schließlich kann eine arbeitgeberseitige Kündigung auch gegen das sog. Maßregelungsverbot verstoßen. Danach darf die Entlassung nicht als Strafe für ein bestimmtes Verhalten der Arbeitnehmer*innen ausgesprochen werden.
Beispiele:
- Arbeitnehmer*innen werden entlassen, weil sie gegen ihre Arbeitgeber*innen auf Zahlung ihres Lohnes klagen.
- Die Kündigung erfolgt, weil sich Arbeitnehmer*innen während einer Erkrankung weigern, zu arbeiten.
Zuletzt gilt auch während der Probezeit für manche Arbeitnehmer*innen unter Umständen ein besonderer Kündigungsschutz. Dies ist beispielsweise bei Schwangeren der Fall. Schwerbehinderte Arbeitnehmer*innen müssen hingegen ebenfalls eine gesetzliche Probezeit bewältigen (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX).
Besonders gut stehen Arbeitnehmer dar, die befristet zur Probe angestellt sind. Ihnen darf grundsätzlich nicht ordentlich gekündigt werden. Deshalb ist diese Form der Probezeit auch nicht verbreitet.
5. Was kann ich als Arbeitnehmer*in tun, wenn mir in der Probezeit gekündigt wurde?
Ist die Kündigung treu- oder sittenwidrig oder aus sonstigen Gründen unwirksam, können Arbeitnehmer*innen gegen die Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.
Das gilt auch, wenn Ihnen in der Probezeit gekündigt wurde.
Dies ist – wie bei allen Kündigungsschutzklagen – jedoch nur innerhalb einer Frist von drei Wochen möglich. Diese Frist darf nicht verpasst werden, da eine Klage nach diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich ist.
Arbeitnehmer*innen sollten daher rechtzeitig rechtlichen Rat einholen, sofern sie sich gegen die Kündigung wehren möchte.
Berufen Arbeitnehmer*innen sich auf die Treu- oder Sittenwidrigkeit der Kündigung, müssen sie dies grundsätzlich auch darlegen und beweisen. Da Arbeitnehmer*innen die Kündigungsgründe aber oft nicht kennen, können sie in einem ersten Schritt einen Sachverhalt vortragen, der dem Gericht den Rückschluss auf die Treu- oder Sittenwidrigkeit der Kündigung ermöglicht.
Die Arbeitgeber*innen müssen dann hierzu Stellung nehmen und diese Vorwürfe entkräften.
6. Kann ich auch eine Abfindung erhalten?
Klagen Arbeitnehmer*innen gegen ihre Kündigung, können sie unter Umständen vor Gericht auch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung beantragen. Das Gericht wird dem aber nur dann zustimmen, wenn die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für Arbeitnehmer*innen unzumutbar erscheint (§ 9 Abs. 1 KSchG).
Dies könnte beispielsweise bei schweren Diskriminierungen der Fall sein.
Im Übrigen werden Arbeitgeber*innen bei Kündigungen in der Probezeit nur selten eine Abfindung zahlen. Abfindungen sollen Arbeitnehmer*innen meist als Anreiz dienen, einer freiwilligen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zuzustimmen.
Während der Probezeit können Arbeitgeber*innen Arbeitnehmer*innen aber ohne Weiteres einfach und schnell entlassen. Lediglich Arbeitnehmer*innen mit besonderem Kündigungsschutz (z.B. Schwangere) haben bessere Chancen.
7. Fazit
Eine vertragliche Probezeit darf maximal für die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Während dieser Zeit beträgt die Kündigungsfrist nur zwei Wochen.
Die gesetzliche Probezeit („Wartezeit“) beträgt sechs Monate. In dieser Zeit gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht, sodass Arbeitgeber*innen keinen Kündigungsgrund für Entlassungen brauchen.
Die gesetzliche Probezeit beginnt am Tag des vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginns. Trotz Probezeit bleiben sitten- und treuwidrige sowie diskriminierende und maßregelnde Kündigungen verboten.
Nach einer Kündigung müssen Arbeitnehmer*innen innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben. Eine Abfindung ist bei Kündigungen während der Probezeit die Ausnahme.
Wurde Ihnen (unrechtmäßig) in der Probezeit gekündigt? Dann rufen Sie uns an unter 030 / 890644-0 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an info@marten-graner.de. Wir beraten Sie gerne!
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