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Bonuszahlung ohne Zielvereinbarung – Die wichtigsten Aspekte der variablen Vergütung

Die variable Vergütung ist ein wichtiger Bestandteil vieler Arbeitsverträge und dient als Anreiz für überdurchschnittliche Leistungen der Arbeitnehmer*innen. Neben dem Fixgehalt bieten Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen*n häufig Boni, Prämien oder andere erfolgsabhängige Vergütungsmodelle an. Diese Zahlungen sind in der Regel an das Erreichen bestimmter Ziele geknüpft – sei es die individuelle Leistung einer*s Mitarbeiterin*s, der Erfolg eines Teams oder das Erreichen unternehmensweiter Kennzahlen.

Bonuszahlung ohne Zielvereinbarung - Die wichtigsten Aspekte der variablen Vergütung
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Entscheidend ist dabei die Art der Zielvorgabe: Entweder werden die Ziele einseitig von der*dem Arbeitgeber*in vorgegeben oder gemeinsam in einer Zielvereinbarung festgelegt. Diese Unterscheidung hat nicht nur Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiter*innen, sondern kann auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben – insbesondere dann, wenn keine Zielvereinbarung getroffen wurde.

In diesem Beitrag beleuchten wir die wichtigsten Aspekte der variablen Vergütung, die verschiedenen Arten von Zielen, den Unterschied zwischen Zielvorgabe und Zielvereinbarung und was passiert, wenn die Ziele unklar oder gar nicht definiert sind.

Übersicht:

  1. Was ist eine variable Vergütung?
  2. Wie wird die variable Vergütung vereinbart?
  3. Welche Arten von Zielvorgaben gibt es?
  4. Was ist der Unterschied zwischen Zielvorgabe und Zielvereinbarung?
  5. Was passiert, wenn keine Zielvereinbarung zustande gekommen ist?
  6. Fazit
  7. FAQ

1. Was ist eine variable Vergütung?

In einem Arbeitsvertrag werden die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses vereinbart – die Arbeitsleistung und die Vergütung der Arbeitsleistung. Für die Vergütung der Arbeitsleistung gibt es verschiedene Modelle. Das Arbeitsentgelt kann fix sein. Hierbei handelt es sich um ein monatliches, festes Einkommen unabhängig von der individuellen Leistung oder dem Unternehmenserfolg.

Fixe und variable Vergütung in Arbeitsverträgen

Neben dem Fixgehalt kann der Arbeitsvertrag weitere Gehaltsbestandteile enthalten, die von der konkreten Leistung der*des Arbeitnehmerin*s abhängen. Dies können z.B. Prämien, Sonderzahlungen oder Boni sein, die bei Erfüllung bestimmter Kriterien gezahlt werden und vom Grad der Erfüllung dieser Kriterien abhängen. Diese Kriterien können sich auf individuelle Leistungen, Teamziele oder den Unternehmenserfolg beziehen. Im Gegensatz zu fixen Gehaltsbestandteilen werden sie auch als variable Vergütung bezeichnet.

Werden variable Vergütungsbestandteile vereinbart, sollte das Verhältnis zwischen variablen und fixen Vergütungsbestandteilen ausgewogen sein. Mit einem zu hohen Anteil an variabler Vergütung würde die*der Arbeitgeber*in sonst das wirtschaftliche Risiko auf die*den Arbeitnehmer*in abwälzen. Zudem dürfen gesetzliche und tarifliche Mindestlöhne nicht durch einen zu hohen variablen Gehaltsbestandteil unterschritten werden. Das Verhältnis von fixer zu variabler Vergütung sollte etwa 2/3 zu 1/3 betragen.

Variable Vergütung ist häufig Motivation für Arbeitnehmer*innen

Variable Vergütungssysteme sind ein gängiges Mittel, um Mitarbeiter*innen zu motivieren und ihre Leistung gezielt zu steuern. Durch das Erreichen bestimmter Ziele sollen die Mitarbeiter*innen motiviert werden, bestimmte Unternehmensziele zu erreichen oder ihre persönliche Leistung kontinuierlich zu verbessern.

Durch eine leistungsorientierte Vergütung werden Mitarbeiter*innen motiviert, auch überdurchschnittliche Leistungen zu erbringen. Insbesondere leistungsorientierte Mitarbeiter*innen können einen direkten Zusammenhang zwischen ihrem Einsatz und ihrer finanziellen Belohnung erkennen. Ferner sind variable Vergütungen auch bei Abfindungsberechnungen regelmäßig relevant, weil sie letztlich regelmäßige Vergütung für geleistete Arbeit sind und deshalb in Abfindungsberechnungen zu berücksichtigen sind.

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Mehr zum Thema Abfindung erfahren Sie in diesem Beitrag.

2. Wie wird die variable Vergütung vereinbart?

Die variable Vergütung muss zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in vereinbart werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Klassischerweise wird eine solche Vereinbarung bereits im Arbeitsvertrag getroffen, der von beiden Arbeitsvertragsparteien unterzeichnet wird.

Für die variable Vergütung kann aber auch ein gesonderter Rahmenvertrag vereinbart werden, der nur die variable Vergütung regelt. In der Regelung zur variablen Vergütung sollte vereinbart werden, welche Art der Vergütung angestrebt wird (z.B. Bonus oder Prämie), wie die Ziele zur Erreichung der Vergütung festgelegt werden, wie die Bewertung dieser Ziele erfolgen soll und auf welchen Zeitraum sich die vereinbarten Ziele beziehen (in der Regel das Kalenderjahr).

Denn insbesondere die Festlegung der Ziele, die die*der Arbeitnehmer*in in einem bestimmten Zeitraum erreichen soll, und die Art und Weise der Zielbewertung sind zentrale Regelungen der variablen Vergütung und der Frage, ob ein Bonus gezahlt werden soll, die in der Praxis teilweise zu Problemen führen. Je klarer aber die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festgelegt sind und je genauer der gesamte Ablauf der variablen Vergütung beschrieben ist, desto weniger Rechtsunsicherheit besteht hinsichtlich der möglichen Auszahlung der vereinbarten Boni.

3. Welche Arten von Zielvorgaben gibt es?

Damit das Unternehmen einen vereinbarten Bonus auszahlt, müssen vorher festgelegte Ziele erreicht werden. Dabei kann es sich um Ziele handeln, die die*der einzelne Mitarbeiter*in erreichen muss. Solche individuellen Ziele beziehen sich nur auf die Leistung einer*s einzelnen Mitarbeiterin*s, zum Beispiel die Generierung eines bestimmten Umsatzes oder die erfolgreiche Umsetzung eines Projekts. Für ein Team sind aber auch teambezogene Ziele denkbar, die das gesamte Team als Einheit gemeinsam erfüllen kann, so dass der Bonus dem gesamten Team zusteht. Beispiele hierfür sind die Verbesserung der Abteilungsleistung oder die Senkung der Fehlerquote in der Produktion.

Unterscheidung verschiedener Kategorien von Zielen

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal für Ziele ist, ob sie finanzieller oder nicht-finanzieller Natur sind. Finanzielle Ziele sind z.B. Umsatzsteigerungen, definierte Kosteneinsparungen oder eine definierte Gewinnmaximierung. Bei nicht-finanziellen Zielen kann es z.B. um die Verbesserung der Qualität, die Erhöhung der Kundenzufriedenheit oder die Steigerung der Innovationsrate gehen. Gerade bei nicht-finanziellen Zielen muss genau definiert werden, welches Ziel erreicht werden soll und ob dieses auch objektiv messbar ist.

Auch die Unterscheidung zwischen quantitativen und qualitativen Zielen ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Bei quantitativen Zielen gibt es klare und messbare Vorgaben (z.B. 15 % Umsatzwachstum). Handelt es sich jedoch um qualitative Ziele, wie z.B. die Verbesserung der Führungsqualität oder die Steigerung der Kundenzufriedenheit, so sind diese zwar meist wünschenswert, aber deutlich schwieriger messbar und z.T. sehr subjektiv.

Auch hier ist darauf zu achten, dass die Ziele objektiv messbar sind, denn je klarer die Ziele definiert sind, desto einfacher ist später die Beurteilung, ob das Ziel erreicht wurde und ob eine Bonuszahlung fällig ist oder nicht.

Haben Sie Fragen zum Thema Bonus ohne Zielvereinbarung? Kontaktieren Sie uns jetzt – unser Team von erfahrenen Rechtsanwälten und Fachanwälten bietet Ihnen erstklassige Beratung und Unterstützung!

Ziele nach SMART-Kriterien

Ein gut formuliertes Ziel sollte die SMART-Kriterien erfüllen: Es sollte konkret, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein. Das bedeutet

  • Spezifisch:      Das Ziel muss eindeutig formuliert sein.
  • Messbar:         Der Erfolg sollte objektiv überprüfbar sein.
  • Attraktiv:         Das Ziel muss motivierend sein.
  • Realistisch:     Das Ziel muss erreichbar sein.
  • Terminiert:     Es muss eine klare Frist für die Zielerreichung geben.

Ein Beispiel für ein Ziel nach diesen Kriterien wäre: „Steigerung des Umsatzes um 10 % im nächsten Geschäftsjahr“, verbunden mit einem konkreten Bonus. Dieses Ziel ist wesentlich präziser als eine allgemeine Aussage wie „Verbesserung der Verkaufszahlen“.

Fehlt eine solche klare Zieldefinition, kann dies zu Problemen und Unverständnis bei den Mitarbeitern führen – insbesondere dann, wenn die Auszahlung eines Bonus direkt von der Zielerreichung abhängt und diese aufgrund unpräziser Ziele ausbleibt. Die Motivationswirkung der variablen Vergütung verpufft dadurch und kann sich im Ernstfall sogar ins Gegenteil umkehren.

4. Was ist der Unterschied zwischen Zielvorgabe und Zielvereinbarung?

Wenn eine variable Vergütung vereinbart wird, sollte in der Vereinbarung auch geregelt werden, wie die Ziele festzulegen sind. Dabei ist zwischen Zielvorgabe und Zielvereinbarung zu unterscheiden. Obwohl beide Begriffe synonym verwendet werden, bestehen rechtliche und inhaltliche Unterschiede.

Zielvorgabe – einseitige Zielvorgabe durch die*den Arbeitgeber*in

Eine Zielvorgabe bedeutet, dass die*der Arbeitgeber*in einseitig festlegt, welche Anforderungen die*der Arbeitnehmer*in erfüllen muss, um eine Bonuszahlung zu erhalten. Dies ist besonders häufig in Unternehmen mit klar definierten Leistungskriterien oder standardisierten Bonusmodellen der Fall. Die Arbeitnehmer*innen haben in diesem Fall keinen Einfluss auf die Zielformulierung, sondern müssen sich an die vorgegebenen Kriterien halten. Da es sich bei der Zielvorgabe um eine reine Entscheidung der*des Arbeitgeberin*s handelt, kann das Ziel unter Umständen auch nachträglich angepasst werden, sofern im Arbeitsvertrag oder im Bonusreglement nichts anderes vereinbart wurde.

Allerdings muss sich die*der Arbeitgeber*in an die bereits im Arbeitsvertrag als Rahmen vereinbarten Ziele halten und darf ihr*sein Weisungsrecht nicht überschreiten. Der arbeitsvertragliche Rahmen schränkt einerseits den Gestaltungsspielraum der*des Arbeitgeberin*s ein und ermöglicht andererseits die Überprüfung der Zielvorgaben durch das Arbeitsgericht. Da diese Ziele ohne Mitwirkung der*des Arbeitnehmerin*s festgelegt werden, liegt es in der Verantwortung der*des Arbeitgeberin*s, sie klar, realistisch und nachvollziehbar zu formulieren.

Klassische Beispiele für Zielvereinbarungen sind die Steigerung des Umsatzes um einen bestimmten Prozentsatz, die Senkung der Kosten oder die Erfüllung festgelegter Qualitätsstandards.

Zielvereinbarung – zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelte Ziele

Aus dem Wort Zielvereinbarung geht bereits hervor, dass es sich um eine Vereinbarung handeln muss. Das bedeutet, dass die Zielvereinbarung nicht einseitig von der*dem Arbeitgeber*in festgelegt werden kann. Die Zielvereinbarung muss also in einem Dialog zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in entstehen. Dabei sind vor allem die individuellen Fähigkeiten, die Position der*des Arbeitnehmerin*s und die Rahmenbedingungen des Unternehmens zu berücksichtigen.

Die Zielvereinbarung erfolgt nicht einseitig, sondern in einem Aushandlungsprozess, der in der Regel in jährlichen Mitarbeitergesprächen oder Zielvereinbarungsrunden stattfindet. Zielvereinbarungen haben den Vorteil, dass sie die Motivation der Mitarbeiter*innen steigern können, da sie sich mit den individuell vereinbarten Zielen stärker identifizieren, weil sie aktiv an deren Festlegung beteiligt waren. Da Zielvereinbarungen aktiv zwischen Arbeitgeberinnen*n und Arbeitnehmerinnen*n ausgehandelt werden, sind sie in der Regel verbindlicher, da sie auf einem beidseitigen Konsens beruhen.

Beispiele für Zielvereinbarungen sind die Entwicklung eines neuen Produkts in einem bestimmten Zeitraum, die Verbesserung der internen Kommunikation oder die Erhöhung der Kundenzufriedenheit durch bestimmte Maßnahmen.

Die Pflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung liegt bei der*dem Arbeitgeber*in. Unterlässt sie*er dies oder kommt keine Zielvereinbarung zustande, kann sich die*der Arbeitgeber*in schadensersatzpflichtig machen.

Relevanter Unterschied zwischen Zielvorgabe und Zielvereinbarung

Der Unterschied zwischen Zielvorgabe und Zielvereinbarung hat vor allem eine arbeitsrechtliche Dimension. Das Fehlen einer Zielvorgabe kann dazu führen, dass sich die*der Arbeitgeber*in auf den Standpunkt stellt, sie*er müsse keinen Bonus zahlen, da die Leistung nicht messbar sei. Liegt hingegen eine Zielvereinbarung vor, kann sich die*der Arbeitnehmer*in darauf berufen, dass es Aufgabe der*des Arbeitgeberin*s war, mit ihr*ihm eine Vereinbarung zu treffen. Ist eine solche Vereinbarung nicht zustande gekommen, kann dies dazu führen, dass dennoch ein Bonus geschuldet wird.

5. Was passiert, wenn keine Zielvereinbarung zustande gekommen ist?

Sieht der Arbeitsvertrag oder eine entsprechend abgeschlossene Rahmenvereinbarung den Abschluss einer Zielvereinbarung zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in vor, so besteht die arbeitsvertragliche Pflicht zum Abschluss einer solchen Zielvereinbarung. Die*Der Arbeitgeber*in kann in diesem Fall die Ziele nicht einfach selbst vorgeben (dann wäre es eine Zielvorgabe), sie unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt stellen oder es einfach unterlassen, eine solche Zielvereinbarung abzuschließen. Die*Der Arbeitgeber*in ist an eine solche Zielvereinbarung gebunden.

Zielvereinbarung aufwändiger als Zielvorgabe

Arbeitgeber*innen sollten daher nur dann Zielvereinbarungsklauseln vereinbaren, wenn sie sicherstellen können, dass sie einen solchen Dialog mit den Arbeitnehmerinnen*n führen können. Ist dieser Aufwand nicht möglich, sollte auf Zielvereinbarungen verzichtet werden, da die nur arbeitgeberseitige Zielvorgabe mit deutlich weniger Aufwand verbunden ist.

Wird eine solche Zielvereinbarung dennoch schuldhaft unterlassen, liegt eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vor. Da die*der Arbeitgeber*in die Zielvereinbarung bzw. den Gesprächsprozess darüber zu initiieren hat, geht die unterlassene Zielvereinbarung in der Regel zu Lasten der*des Arbeitgeberin*s. Kann die*der Arbeitgeber*in keine Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, dass sie*er das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung nicht zu vertreten hat, macht sie*er sich grundsätzlich schadensersatzpflichtig. Die Haftung für die unterlassene Zielvereinbarung ergibt sich dabei aus § 280 Abs. 1 BGB sowie aus § 283 Abs. 1 BGB.

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Wie wir als Anwälte für Arbeitsrecht Arbeitnehmer*innen helfen können, lesen Sie hier.

Bundesarbeitsgericht – Unterlassene Zielvereinbarung begründet Schadensersatzanspruch

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich bereits in mehreren Entscheidungen mit fehlenden bzw. unterlassenen Zielvereinbarungen befasst.

Wurde keine Zielvereinbarung getroffen, kann die*der Arbeitnehmer*in nach Ablauf der Zielperiode, also in der Regel des Kalenderjahres, den maximalen Bonus als Schadensersatz verlangen. Grundlage dieser Rechtsprechung ist, dass davon auszugehen ist, dass Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in bei Abschluss einer Zielvereinbarung realistisch erreichbare Ziele festlegen.

Nach Ablauf der Zielperiode ist eine Zielerreichung bzw. Zielfestlegung jedoch nicht mehr möglich. Bei realistischen Zielen ist daher davon auszugehen, dass die*der Arbeitnehmer*in diese am Ende der Zielperiode erreicht hätte, so dass ihr*ihm auch bei Nichtzustandekommen einer Zielvereinbarung der maximale Bonus als Schadensersatz zusteht.

Bonuszahlung ohne Zielvereinbarung

Das Verschulden der*des Arbeitgeberin*s wird dabei regelmäßig vermutet, wobei die*der Arbeitgeber*in die Möglichkeit hat, dieses Verschulden zu widerlegen (BAG, 17.12.2020, Az. 8 AZR 149/20). In diesem Fall hat das BAG aber auch entschieden, dass die*den Arbeitnehmer*in, wenn sie*er es auch versäumt, ein solches Gespräch zu verlangen oder die*den Arbeitgeber*in daran zu erinnern, ein geringes Mitverschulden trifft, so dass ihm nur 90 Prozent des maximalen Bonus als Schadensersatz zustehen. Dies ergibt sich aus dem Gedanken der Schadensminderungspflicht des § 254 BGB.

Unzulässig ist es, wenn die*der Arbeitgeber statt einer Zielvereinbarung nur einseitig die Ziele als Zielvorgabe festlegt. Dies stellt nach Auffassung des BAG eine unangemessene Benachteiligung der*des Arbeitnehmerin*s nach § 307 Abs. 1 , Abs. 2 BGB dar (BAG, 03.07.2024, Az. 10 AZR 171/23). Könnte die*der Arbeitgeber*in anstelle einer Zielvereinbarung einseitig ein Ziel festlegen, etwa wenn die Verhandlungen über die Zielvereinbarung scheitern, würde die vertragliche Verpflichtung zur Zielvereinbarung unterlaufen. Außerdem könnte die*der Arbeitgeber*in dann immer die Zielvereinbarungsverhandlung scheitern lassen, um dann die Zielvorgabe einseitig festlegen zu können.

Rechtzeitige Verhandlung und offene Kommunikation über die Zielvereinbarung

Um Schadenersatzforderungen und Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen vereinbaren, wann Gespräche über eine Zielvereinbarung stattfinden sollen. Wenn es eine solche Klausel gibt, sollten die Gespräche auch stattfinden. Arbeitgeber*innen sollten darauf achten, dass Zielvereinbarungen frühzeitig – idealerweise zu Beginn eines neuen Geschäftsjahres – mit den Arbeitnehmerinnen*n besprochen und schriftlich fixiert werden. Dies kann im Rahmen von Einzelgesprächen, Abteilungsbesprechungen oder in Form einer offiziellen Bonusregelung erfolgen.

Benötigen Sie rechtliche Unterstützung? Kontaktieren Sie uns jetzt – wir sorgen dafür, dass Sie in rechtlichen Angelegenheiten klar informiert sind und Ihre persönlichen Interessen effektiv vertreten werden.

Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Unternehmen die Regelungen zur variablen Vergütung zudem im Arbeitsvertrag, in einer Rahmenvereinbarung oder in separaten Vergütungsrichtlinien präzise formulieren. Eine regelmäßige Kommunikation zwischen Führungskräften und Beschäftigten über den Stand der Zielerreichung kann Unsicherheiten vermeiden. Arbeitgeber*innen sollten die Arbeitnehmer*innen über relevante Leistungskennzahlen und deren Auswirkungen auf die Bonuszahlung auf dem Laufenden halten. Beide Arbeitsvertragsparteien sollten auf realistische Ziele achten.

Arbeitnehmer*innen sollten nicht erst am Jahresende nach ihrer Bonuszahlung fragen, sondern frühzeitig mit ihrem Vorgesetzten, der Personalabteilung oder der*dem Arbeitgeber*in selbst klären, wie die Ziele für die laufende Bonusperiode aussehen. Sind am Ende der Bonusperiode keine Ziele definiert, sollte die*der Arbeitnehmer*in das Gespräch mit der*dem Arbeitgeber*in suchen. Dabei kann sie*er höflich, aber bestimmt darauf hinweisen, dass die Ziele für das vergangene Jahr fehlen und fragen, welche Regelung für die Bonuszahlung getroffen wurde. In manchen Fällen zeigen sich Arbeitgeber*innen kulant und gewähren eine Prämie auch ohne Zielvereinbarung.

6. Fazit

  • Variable Vergütung und Zielbindung: Variable Vergütungsmodelle, wie Boni oder Prämien, sind häufig an definierte Ziele gebunden. Diese können sich auf die individuelle Leistung der*des Mitarbeiterin*s, Teamziele oder den Unternehmenserfolg beziehen. Die Zielvorgabe erfolgt entweder durch eine Zielvorgabe oder in Form einer Zielvereinbarung.
  • Unterscheidung zwischen Zielvorgabe und Zielvereinbarung: Eine Zielvorgabe wird einseitig von der*dem Arbeitgeber*in festgelegt, während eine Zielvereinbarung im Dialog zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in entsteht. Eine verbindliche Zielvereinbarung schützt die*den Arbeitnehmer*in besser, da eine fehlende Vereinbarung dazu führen kann, dass der Bonusanspruch bestehen bleibt.
  • Folgen einer fehlenden Zielvereinbarung: Ist eine Zielvereinbarung im Arbeitsvertrag vorgesehen, kommt sie aber nicht zustande, kann dies zu Schadensersatzansprüchen führen. Nach der Rechtsprechung kann die*der Arbeitnehmer*in in solchen Fällen den vollen Bonus als Schadensersatz verlangen, da davon ausgegangen wird, dass sie*er realistisch gesetzte Ziele erreicht hätte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die*den Arbeitnehmer*in ein geringes Mitverschulden am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung trifft.
  • Fehlende Zielvereinbarungen können nicht durch Zielvorgaben ersetzt werden: Das Bundesarbeitsgericht hat bereits entschieden, dass die*der Arbeitgeber*in nicht einseitig eine Zielvorgabe festlegen darf, wenn eine Zielvereinbarung vereinbart war, diese aber tatsächlich nicht zustande gekommen ist. Eine fehlende Zielvereinbarung wird häufig als Pflichtverletzung der*des Arbeitgeberin*s gewertet, die sie*ihn schadensersatzpflichtig macht. Arbeitgeberinnen*n ist daher zu empfehlen, Zielvereinbarungen mit ihren Arbeitnehmerinnen*n frühzeitig und schriftlich abzuschließen.

7. FAQ

Was ist die variable Vergütung und wie funktioniert sie?

Die variable Vergütung ist ein leistungsabhängiger Gehaltsbestandteil, der zusätzlich zum Festgehalt gezahlt wird. Sie umfasst Boni, Prämien oder andere Sonderzahlungen, die an das Erreichen bestimmter Ziele geknüpft sind. Diese Ziele können sich auf die individuelle Leistung, die Teamleistung oder den Erfolg des gesamten Unternehmens beziehen.

Was ist der Unterschied zwischen einer Zielvorgabe und einer Zielvereinbarung?

Eine Zielvorgabe wird einseitig von der*dem Arbeitgeber*in ohne Mitspracherecht der*des Arbeitnehmerin*s festgelegt. Eine Zielvereinbarung wird zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in ausgehandelt und gemeinsam beschlossen. Sie bietet der*dem Arbeitnehmer*in mehr Sicherheit, da sie nicht einseitig geändert oder vereinbart werden kann.

Was passiert, wenn keine Zielvereinbarung abgeschlossen wurde?

Wenn eine Zielvereinbarung im Arbeitsvertrag oder in einer gesonderten Regelung vorgesehen ist, die*der Arbeitgeber*in aber keine Zielvereinbarung abgeschlossen hat, kann die*der Arbeitnehmer*in den gesamten Bonus als Schadensersatz einklagen. Die Gerichte gehen in solchen Fällen oft davon aus, dass realistische Ziele erreicht worden wären, wenn eine Vereinbarung getroffen worden wäre.

Kann die*der Arbeitgeber*in die Bonusziele nachträglich einseitig festlegen?

Nein, wenn eine Zielvereinbarung abgeschlossen wurde, kann die*der Arbeitgeber*in die Ziele nicht einseitig festlegen. Dies wäre nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine unangemessene Benachteiligung der*des Arbeitnehmerin*s.

Wie können Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in Streitigkeiten über den Bonus vermeiden?

Arbeitnehmer*innen sollten frühzeitig auf eine klare Zielvereinbarung drängen und diese schriftlich fixieren. Arbeitgeber*innen sollten darauf achten, dass Zielvereinbarungsgespräche regelmäßig stattfinden und die Bonusregelungen im Arbeitsvertrag oder in separaten Vergütungsrichtlinien klar und transparent formuliert sind. Wenn die*der Arbeitgeber*in keine Gespräche führt, sollte die*der Arbeitnehmer*in an die Zielvereinbarungsgespräche erinnern.

Bildquellennachweis: gopixa | Canva.com

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